Psychologieunterricht aus Schülersicht Erwartungen und Beurteilungen von Katja Korun

Die erste Befragung wurde an der Beruflichen Schule des Kreises Wesel (NRW) in Kamp-Lintfort durchgeführt. An ihr nahmen 23 SchülerInnen der FOS 11 teil.

 

Bei vielen Antworten ließ sich aufgrund der Häufigkeitsverteilung keine eindeutige Tendenz erkennen, das arithmetische Mittel liegt hier bei geringer Streuung zwischen 2,5 und 3,5, also nahe dem Weder-Noch (vielleicht auch, weil manche SchülerInnen mit der entsprechenden Frage wenig anzufangen wußten). Einige Antworten weisen bei dieser Schülergruppe allerdings eine eindeutige Tendenz auf. So verwundert es nicht, daß an einer Berufsschule 17 von 23 Schülern der Überzeugung sind, daß der Unterricht für ihr späteres Berufsleben von Vorteil ist. Ebenso glauben die meisten, daß man durch den Psychologieunterricht andere Menschen besser verstehen und akzeptieren lernt.

 

Abgelehnt werden vor allem Statements, die die eigene Persönlichkeitsentwicklung betreffen. So glaubt die Mehrheit nicht, daß man im Psychologieunterricht lernt,

 

  • besser mit Frustrationen umzugehen (14 zu 3),
  • sich eher Konflikten zu stellen (14 zu 4),
  • selbstsicherer zu werden (12 zu 4),
  • sich in Konkurrenzsituationen besser durchzusetzen (10 zu 2),
  • besser mit Ängsten umzugehen (17 zu 1).

 

Interessant ist die Beantwortung der Frage nach der Notengebung. Hier dominieren die Extremwerte. 8 SchülerInnen glauben, daß man im Psychologieunterricht bessere Noten als in anderen Fächern bekommt, 14 sind genau gegenteiliger Meinung. Auch der Psychologielehrer hat nach Meinung der Befragten nicht mehr Verständnis für ihre Probleme als ein anderer Lehrer (16).

 

Trotzdem nimmt für ca. ein Drittel aller SchülerInnen der Psychologieunterricht im Vergleich zu anderen Fächern die erste oder zweite Stelle, für ein weiteres Drittel die dritte Stelle ein.

 

An der anderen Befragung nahmen 22 SchülerInnen eines Einführungskurses der Jgst.11 am Humboldt-Gymnasium in Köln teil. Der Fragebogen wurde von der Schülergruppe zweimal ausgefüllt, einmal direkt zu Beginn der ersten Unterrichtsstunde im Fach Psychologie, einmal kurz vor Ende des Halbjahres (allerdings nur mit 20 SchülerInnen). So läßt sich an den Antworten ein wenig erkennen, inwiefern der Unterricht die Erwartungen der SchülerInnen verändert hat.

 

Bei der Eingangsuntersuchung waren die Erwartungen an das Fach sehr hoch. Abgesehen von 6 Items gab es zu jedem Statement (teilweise überwältigende) Mehrheiten. Diese bezogen sich sowohl auf erhoffte Handlungskompetenzen ( Alltagssituationen besser bewältigen, selbstsicherer werden, Vorteile fürs spätere Berufsleben, besser mit Ängsten umgehen können) als auch auf "bewußtseinserweiternde" Aspekte (andere besser verstehen, sich selbst besser kennenlernen). Bezogen auf den Unterricht selbst waren fast alle SchülerInnen der Meinung, daß der Psychologieunterricht interessanter als andere Fächer ist, bei einem Drittel "Enthaltungen" glaubten jeweils 11 SchülerInnen, daß man sich im Vergleich zu anderen Fächern im Psychologieunterricht wohler fühlt und der Lehrer mehr Verständnis für Probleme hat.

 

Bei den sechs oben erwähnten Aussagen waren die Erwartungen recht gespalten. Bei jeweils ca. einem Drittel "Weder-Noch"-Antworten, differierte die Schülergruppe in Hinblick darauf,

  • ob man Grundzüge wissenschaftlichen Arbeitens kennenlernen kann (9 zu 8),
  • ob man lernt, besser mit Frustrationen umzugehen (8 zu 7),
  • ob man lernt, sich eher Konflikten zu stellen (9 zu 6),
  • ob die Psychologie hilft, sich besser in Konkurrenzsituationen durchzusetzen (6 zu 6),
  • ob man bessere Noten bekommt (6 zu 8),
  • ob man Fertigkeiten vermittelt bekommt, andere zu beeinflussen (9 zu 8).

Die Beurteilungen nach einem halben Jahr Unterrichtserfahrung (n=20) zeigen, daß viele Erwartungen bestätigt wurden. Allerdings ist die Mehrheit der SchülerInnen in Hinblick auf die erwartete Erweiterung ihrer Handlungskompetenz skeptischer geworden:

 

Nur noch 7 gegenüber 8 glauben, daß sie lernen, Alltagssituationen besser zu bewältigen.

  • 8gegenüber 8 glauben, selbstsicherer zu werden,
  • 8 gegenüber 8 meinen, besser mit Ängsten umgehen zu können,

Nur noch 5 gegenüber 13 sind der Meinung, sich besser in Konkurrenzsituationen durchsetzen zu können.

 

Zwei interessante Veränderungen ergeben sich in Hinblick auf die konkrete Unterrichtserfahrung: Bei vier Enthaltungen sind jetzt 15 SchülerInnen davon überzeugt, daß man Grundzüge wissenschaftlichen Arbeitens kennenlernt. Vielleicht damit zusammenhängend glauben nur noch 4 (gegenüber 9), daß man bessere Noten als in anderen Fächern bekommt.

 

Bei der Abschlußfrage, welchen Stellenwert das Fach einnimmt (von 12 möglichen Fächern), werden nur die Ränge 1-6 genannt (Rang 1 und 2 jeweils 4mal, Rang 3 5mal). Auch wenn die zwei oben beschriebenen Schülergruppen sicherlich keinen Anspruch auf Repräsentativität stellen können, ist sicherlich bedenkenswert, welch hohem Anspruch unser Unterrichtsfach ausgesetzt ist, aber auch, welche hohen Ansprüche es im Vergleich zu anderen Fächern zu erfüllen scheint.

 

Katja Korun, Jahrgang 1964, absovierte nach ihrem Studium in Duisburg (Psychologie und Deutsch) ihr Referendariat in Köln und arbeitet zur Zeit bei der Staatlichen Zentralstelle für Fernunterricht.


Fragebogen zum Psychologieunterricht